Liebe gibt es nicht, jedenfalls nicht so, sie ist ganz anders. Sie ereignet sich in Sekunden, verharrt nur Momente: Meine einzige Liebe. Heiligabend neunzehnachtundsiebzig, / Einundzwanzig Uhr, / Führte sie in der Lychener Straße, / Berlin, ihren Foxterrier aus. Nur / Als ich direkt neben ihr ging, / Unterbrach sie den leisen Gesang. Ein Liebesgedicht und zugleich die fast verzweifelte - herbeigedichtete - Beschwörung einer Nähe, die das wirkliche Leben nur in Augenblicken noch zuläßt. Bedächtiges Abwägen, gründliches Zweifeln - das zeichnet Uwe Kolbes Gedichte aus. Miniaturen, die sich plakativ-poetischen Bildern verweigern: Es ist banal, / sagen die Besitzer der Gärten. / Es ist für dich, sagen die Vögel. // Ist es im Internet? / fragen die Jüngsten. / Es ist das Netz, das mich hält, sage ich. // Ist das ein Gedicht? / mäkeln Gebildete. / Ich weiß, es ist ein schöner Augenblick. // Sie lacht / die kleine Göttin / an meiner Seite.
Autorenportrait:
Uwe Kolbe, geb. 1957 in Ostberlin, übersiedelte 1988 nach Hamburg und lebt heute, nach Jahren in Tübingen, wieder als freier Schriftsteller in Berlin. Seit 2007 mehrfach als poet in residence in den USA. Für seine Arbeit wurde er u.a. mit dem Stipendium der Villa Massimo, dem Preis der Literaturhäuser und zuletzt 2012 dem Heinrich-Mann-Preis und dem Lyrikpreis Meran ausgezeichnet.