»Wenn du einen Lipizzaner berührst, berührst du Geschichte«
Frank Westerman erzählt die Geschichte des 20. Jahrhunderts im Spiegel der Geschichte der Lipizzaner-Pferde. Der Leser verfolgt atemlos mit, wie gekrönte Häupter und Diktatoren um die »perfekten Tiere« kämpften - und gewinnt dabei erstaunliche Erkenntnisse über das Selbstverständnis des Menschen und sein Streben nach eigener Perfektion.
»Wenn du einen Lipizzaner berührst, berührst du Geschichte«, wurde Frank Westerman als Kind belehrt. Dass diese Geschichte unheimlich und abgründig ist, hat er Jahre später als reisender Journalist und Schriftsteller auf den Spuren der Lipizzaner erfahren. Sie beginnt im heute slowenischen Lipica und in der Spanischen Hofreitschule zu Wien, wo die »lebenden Kronjuwelen« des Habsburgerreiches ausgebildet werden.
Nach dem Ersten Weltkrieg streiten sich Italiener, Österreicher und Tschechen um die wertvolle Zucht. Hitler begeistert sich für die weißen Pferde und bringt sie unter seine Kontrolle. 1945 evakuieren die Amerikaner die überlebenden Tiere in einer abenteuerlichen Aktion vor den Truppen Stalins und liefern damit den Stoff für einen Hollywood-Film. Schließlich wird in den Nachfolgestaaten Jugoslawiens heftig um die Pferde gestritten.
Frank Westerman versteht es meisterhaft, uns am Beispiel der Lipizzaner die Träume von Reinheit und Perfektion vor Augen zu führen, die im 20. Jahrhundert zu unzähligen Katastrophen geführt haben, aber bis heute lebendig sind.
Frank Westerman, geb. 1964, studierte Hydrotechnologie an der Landwirtschaftlichen Universität Wageningen. Er beschäftigte sich mit russischer Literatur und den Thesen Wittfogels über die Ursprünge des orientalischen Despotismus und arbeitete als Entwicklungshelfer bzw. freier Journalist u.a. in Kamerun, Kuba, Mexiko, Sierra Leone und im ehemaligen Jugoslawien. Von 1997 bis 2000 war er als Korrespondent in Moskau für die große niederländische Abendzeitung NRC Handelsblad tätig.
„Der Name Frank Westerman steht für eine neue Art von Literatur, für die es im Deutschen noch keine passende Bezeichnung gibt. … Es genügt, an dieser Stelle die Namen Bruce Chatwin und Ryszard Kapuscinski zu nennen oder den Nobelpreisträger Jean-Marie Le Clézio: Nomadisierende Schriftsteller, deren Werk Gattungsgrenzen wie geographische Horizonte überschreitet und sich mit souveräner Selbstverständlichkeit durch fremde Kulturen bewegt.“ Hans Christoph Buch, Frankfurter Allgemeine Zeitung