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Weiter als der Himmel

Roman

Pippa Goldschmidt ist der klassische Fall des poeta doctus, der gelehrten Autorin, die dem Leser scheinbar beiläufig einen Einblick in ihre Wissenschaft gibt. Sie ist promovierte Astronomin und hat mehrere Jahre am Imperial College in London gearbeitet, anschließend absolvierte sie an der University of Glasgow ein Master-Studium in Creative Writing. Sie hat mehrere Short stories veröffentlicht (als e-books im Original und in deutscher Übersetzung von Zoë Beck bei CulturBooks erhältlich). Einbandgemälde: Michael Biberstein

Verlag Weidle
ISBN 9783938803653
2015

Erscheinungsdatum: 19.03.2015 . 284 Seiten. Paperback .

Softcover

lieferbar innerhalb von 10 Werktagen
Über den Artikel

Pippa Goldschmidt ist der klassische Fall des poeta doctus, der gelehrten Autorin, die dem Leser scheinbar beiläufig einen Einblick in ihre Wissenschaft gibt. Sie ist promovierte Astronomin und hat mehrere Jahre am Imperial College in London gearbeitet, anschließend absolvierte sie an der University of Glasgow ein Master-Studium in Creative Writing. Sie hat mehrere Short stories veröffentlicht (als e-books im Original und in deutscher Übersetzung von Zoë Beck bei CulturBooks erhältlich). Einbandgemälde: Michael Biberstein

Jeanette, frisch promovierte Astronomin, macht an einem Teleskop in den chilenischen Anden eine sensationelle Entdeckung, die diversen Gesetzen ihrer Wissenschaft diametral entgegensteht. Sie weiß nicht, ob sie ihre Ergebnisse veröffentlichen soll oder ob sie damit ihrer Karriere schadet. Schließlich tut sie es und hat die gesamte astronomische Welt gegen sich aufgebracht. Sie stürzt in einen Strudel, der schon bald ihr Privatleben mit sich reißt und sie zwischen den Mühlsteinen der Vergangenheit und der Gegenwart zu zermahlen droht. Bilder ihrer Schwester, die unter rätselhaften Umständen in ihrer Kindheit starb, spannen sich vor die Wirklichkeit. Sie sucht den Himmel und die Erde nach ihr ab und verliert sich dabei selbst. Pippa Goldschmidts erster Roman ist zugleich tragische Kindheitsgeschichte und Wissenschaftssatire: Virtuos wechselt er die Erzählebenen, die sich schließlich mehr und mehr vermischen.

Autorenportrait:
Zoë Beck, geboren 1975, wuchs zweisprachig auf und pendelt zwischen Großbritannien und Deutschland. Ihre große Liebe neben der Literatur ist die Musik. Heute arbeitet sie als freie Autorin, Redakteurin und Übersetzerin. Für ihre Romane und Kurzgeschichten wurde sie mehrfach ausgezeichnet, unter anderem mit dem Friedrich-Glauser-Preis.

Leseprobe:
Jeanette könnte genausogut unsichtbar sein. Sie steht auf der Bühne des Hörsaals vor ungefähr zweihundert anderen Astronomen und stellt die Ergebnisse ihrer Doktorarbeit bei der jährlichen britischen Konferenz vor. Aber sie weiß, daß keiner zuhört. Sie macht niemandem einen Vorwurf. Sie würde auch nicht zuhören, wenn sie nicht müßte. Wenn sie nur wüßte, wie sie diese leicht zittrige Stimme in ihrem Kopf ausblenden könnte, die ununterbrochen über Staub in frühen Galaxien redet. Aber jetzt dauert es nicht mehr lange. Sie ist bei der letzten Folie angelangt, die die tatsächlichen Daten zeigt. Das könnte die anderen mehr interessieren. Sie zeigt mit dem roten Punkt ihres Laserpointers auf die Leinwand und hofft, daß er nicht verrät, wie nervös sie ist. Sie versucht, ihnen das Zentrum einer Galaxie zu zeigen, die Stelle, an der sich die Konturen auf der Karte in höchster Intensität verdichten, und der Punkt hüpft herum und weigert sich stillzustehen. Vielleicht ist es ganz egal. Sie hat gerade ihre Doktorarbeit abgeschlossen, sie soll ja jung und eingeschüchtert sein, wenn sie auf einer solchen Konferenz spricht. Aber diese Folie interessiert sie auch nicht. Ein paar arbeiten an ihren Laptops, andere reden miteinander. Einige spielen an ihren Handys herum, lesen das Konferenzprogramm oder sogar die Zeitung. Ihr Chef, der Todesstern, schläft. Das war zu erwarten. Er sitzt immer in der ersten Reihe und schläft. Er wacht erst am Ende auf und stellt eine fürchterlich relevante Frage. Sie überlegt, was er heute fragen könnte. Es reicht nämlich nicht, den Vortrag im Flüsterton zu halten und ignoriert zu werden. Die Erfahrung ist ohne das Frageritual im Anschluß nicht vollständig. Das (vornehmlich männliche) Publikum muß die Möglichkeit zu einem verbalen Schwanzvergleich erhalten. Sie kommt zum Ende, schaltet den Laser aus, steht da und wartet. Sie muß nicht lange warten. Warum haben Sie keine sichtbaren Wellenlängen sowie Infrarot benutzt? kommt von jemandem, der offenbar auf seinem Handy ein Spiel gespielt und eindeutig nicht beim Hauptteil ihres Vortrags zugehört hat, bei dem es um den Vergleich von sichtbaren und Infrarotbildern ging. Haben Sie eine alternative Erklärung Ihrer Resultate in Betracht gezogen?

über die Autoren