Bedrohlich oder aber natürlich und unverbildet - um 1800 wurde der Wald zum Gründungsmythos deutschen Nationalbewusstseins. Unter Rückgriff auf Tacitus entwickelte sich die deutsche Romantik als Kunstform in der Natur, das Wesen der Deutschen suchte man im Wald statt in der städtischen Zivilisation. Diesem Mythos geht J. Zechner eindrucksvoll nach.
Am Anfang war Tacitus: Der römische Historiker schildert in seiner 'Germa nia' die Gebiete östlich des Rheins wenig vorteilhaft als durch Wälder grauenerre gend . Seine 'Annalen' berichten über eine Schlacht im Teutoburger Wald zwischen Römern und Germanen, deren Anführer Hermann der Cherusker zum Be freier Germaniens geworden sei. Als dann im Zuge der Befreiungskriege um 1800 Anfänge eines deutschen Nationalbewusstseins entstehen, besinnen sich Dichter und Denker genau auf diesen anti-urbanen, naturnahen Waldmythos. Der Wald als unverbildete Natur wird zum deutschen Ideal - im Gegensatz zur verbildeten, städtischen Zivilisation Frankreichs. Dieser konstitutive Gegensatz bleibt prägend - bis hin zum Nationalsozialismus. Zechner widmet diesem Urtopos der Deutschen eine eindrucksvolle Studie und zeichnet dessen Ausprägungen von der Romantik bis zum Nationalsozialismus nach.
Eine große Ideengeschichte, die erstmals das Identitätskonzept des deutschen Waldvolkes kritisch rekonstruiert.
Rezension:
Top 10 der Sachbücher des Monats August 2016 NDR Kultur / Süddeutsche Zeitung
Es gelingt ihm [Johannes Zechner] in seiner gut lesbaren und äußerst materialreichen Studie, überzeugend darzustellen, wie der Wald ideengeschichtlich vereinnahmt worden ist. Liest man dieses Buch, dann gerät man immer tiefer in den deutschen Wald, der seine lieblich-heiteren Züge, die er bei den Romantikern noch besaß, zunehmend verliert. Deutschlandradio Kultur
Johannes Zechner schlägt Schneisen durch die Ideengeschichte des deutsches Waldes. Der Tagesspiegel
Von der methodischen Reflektiertheit über die sorgfältige Auswahl der Quellen bis hin zur gründlichen und akkuraten Darstellung handelt es sich bei der Arbeit von Johannes Zechner um ein Glanzstück der akademischen Forschung. Professor Herfried Münkler, HU Berlin