Die Rixdorfer Drucke - Bibliophile Seltsamkeiten von Seltenheitswert
In Kreisen von Künstlern und Kennern waren »Die Rixdorfer« und ihre Drucke mittels ausgedienter Blei- und Holzlettern schon vor 50 Jahren ein Begriff -heute sind die vier Bohemiens eine hochvitale Künstlerlegende zu Lebzeiten: bloß ein halbes Jahrhundert älter.
Arno Waldschmid, Johannes Vennekamp, Uwe Bremer, Albert Schindehütte (v.l.n.r.)
Aus dem Gründungsquintett ist Günter Bruno Fuchs, der 1977 gestorbene Mentor und Malerpoet mit den typischen Großstadtgeschichten, schon früh ausgeschieden - Uwe Bremer, Ali (urkundlich: Albert) Schindehütte, Johannes Vennekamp und Arno Waldschmidt aber praktizieren ihr Handpressen-Gruppen-Handwerk bis heute in der typischen Verbindung von Wortkunst und Druckkunst, in Wort- und Bilderbögen -und sind immer wieder in Ausstellungen zu besichtigen.
Text, Typografie und Holzschnitt vereinen sich auf gewitzt provokativen Blättern, und von Anfang an stand die Zusammenarbeit mit den Dichtern und Schriftstellern im Zentrum; zu den ersten Mitwirkenden zählten einst Gerhard Rühm und H.C. Artmann. In Sichtweite unserer Anderen Bibliothek am Berliner Moritzplatz in Kreuzberg entstanden die ersten bibliophilen Kunstwerke der Rixdorfer mit stilbildender Typografik. Wären die Foliobände unserer Bibliothek nicht schon begehrte Sammlerobjekte, sie müssten es nun in Zusammenarbeit mit den Rixdorfern endgültig werden.
Viele Texte der Autorenfreunde sind in deren Anwesenheit für die Druckprojekte in der Werkstatt entstanden, eine Autorenliste, die Literaturgeschichte geschrieben hat, darunter: Peter Bichsel, Nicolas Born, Hans Christoph Buch, F.C. Delius, Helmut Eisendle, Rolf Haufs, Otto Jägersberg, Ernst Jandl, SarahKirsch, Michael Krüger, Reinhard Lettau, Peter Rühmkorf oder Jürgen Theobaldy.
Uwe Bremer, 1940 in Bischleben geboren, lebte in Hamburg, später in Berlin, wo er sich in den 60er Jahren der Rixdorfer Künstlergruppe anschloß, die sich um Günter Bruno Fuchs formierte. Nach 7 Jahren Werkstatt Rixdorfer Drucke zog er ins Wendland und arbeitet als Holzschneider, Radierer und Maler. Albert Schindehütte wurde 1939 in Kassel geboren und ist als Mitglied der Werkstatt Rixdorfer Drucke bekannt geworden. Sein künstlerisches Werk, in seiner Handschrift unverkennbar, umfasst Zeichnungen, Radierungen, Holzschnitte, Lithografien und zahlreiche Buchveröffentlichungen. Er lebt in Övelgönne am Ufer der Elbe in Hamburg.
»Ihren ersten Ruhm als Berliner Lokal-Genies erwarben sie sich bei den Kneipenwirten Bohemiens, die lieber schluckten als druckten. Doch inzwischen werden sie vor allem von Graphik-Sammlern hochgeschätzt. Ihre >Rixdorfer Drucke<, Erzeugnisse aus einer alten Schnellpresse mit Handbetrieb, gelten als bibliophile Seltsamkeiten von Seltenheitswert.« DER SPIEGEL, 9/1966