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Eine überflüssige Frau

Aaliya ist 72 Jahre alt und lebt allein in einer Wohnung in Beirut. Allein, seit sie mit Anfang zwanzig kinderlos von ihrem Mann geschieden wurde. Seitdem umgibt sie sich mit Büchern. Sie arbeitet als Buchhändlerin und übersetzt jedes Jahr eines ihrer Lieblingswerke ins Arabische. Ist eine Übersetzung fertig, verstaut sie den Stapel Papier in einem Karton und stellt diesen zu all den anderen. Noch nie hat jemand etwas davon gelesen. Wieder neigt sich das Jahr dem Ende zu und zum ersten Mal ist Aaliya unsicher, welches Buch sie als nächstes übersetzen soll. Dann passiert das für Aaliya größtmögliche Unglück. Und bringt die Dinge ins Rollen.

Verlag Louisoder
ISBN 9783944153308
2016

Erscheinungsdatum: 24.02.2016 . 3. Auflage . 448 Seiten. 18 x 11 cm . Hardcover .

Hardcover

leider nicht mehr lieferbar
Über den Artikel

Aaliya ist 72 Jahre alt und lebt allein in einer Wohnung in Beirut. Allein, seit sie mit Anfang zwanzig kinderlos von ihrem Mann geschieden wurde. Seitdem umgibt sie sich mit Büchern. Sie arbeitet als Buchhändlerin und übersetzt jedes Jahr eines ihrer Lieblingswerke ins Arabische. Ist eine Übersetzung fertig, verstaut sie den Stapel Papier in einem Karton und stellt diesen zu all den anderen. Noch nie hat jemand etwas davon gelesen.

Wieder neigt sich das Jahr dem Ende zu und zum ersten Mal ist Aaliya unsicher, welches Buch sie als nächstes übersetzen soll. Sie beginnt, ihr Alter zu spüren. Erinnerungen durchziehen ihre Gedanken. An ihre Familie. An das Leben in Beirut während des Bürgerkriegs. An Hannah, ihre einzige Freundin. An Literatur, die ihr etwas bedeutet hat. An Musik, an Philosophie. Dann passiert das für Aaliya größtmögliche Unglück. Und bringt die Dinge ins Rollen.

Leseprobe:
Bevor ich mich an ein neues Projekt mache, lese ich am Ende des Jahres die Übersetzung, die ich fertiggestellt habe. Ich nehme letzte kleine Korrekturen vor, bringe die Seiten in die richtige Reihenfolge und lege sie in eine Kiste. Das gehört zum Ritual, genau wie die zwei Gläser Rotwein. Ich gebe zu, dass mir dieses letzte Lesen auch erlaubt, mir auf die Schulter zu klopfen und dazu zu gratulieren, dass ich das Projekt abgeschlossen habe. Dieses Jahr habe ich den großartigen Roman Austerlitz übersetzt, meine zweite Übersetzung von W.G. Sebald. Ich habe heute darin gelesen und aus irgendeinem Grund, wahrscheinlich wegen der großen Verzweiflung der Hauptfigur, konnte ich nicht mehr aufhören, an Hannah zu denken. Es gelang mir einfach nicht, als wäre der Roman, oder meine arabische Übersetzung davon, eine Brücke zu Hannahs Welt. Mich an Hannah, meine einzige Vertraute, zu erinnern, ist nie einfach. Ich sehe sie immer noch vor mir am Küchentisch, ihren Teller sauber geleert, ihre rechte Wange auf den Handrücken gestützt, der Kopf leicht geneigt, wie sie mir zuhört mit ihrer so seltenen Gabe - dieser ihr eigenen, uneingeschränkten Aufmerksamkeit. Meine Stimme hatte kein Zuhause, bis sie kam. In meinen 72 Jahren war sie der eine Mensch, der mir wichtig war, der eine, dem ich zu viel erzählt habe - Prahlereien, Hass, Freuden, bittere Enttäuschungen, alles durcheinander. Ich denke nicht mehr so oft an sie wie früher, aber sie kommt mir ab und an in den Sinn. Die Spuren, die Hannah bei mir hinterlassen hat, sind unauslöschlich.

über die Autoren
Rabih Alameddine

Rabih Alameddine (geboren 1959 in Jordanien) ist ein libanesischer Maler, ein in englischer Sprache schreibender Schriftsteller und eine der berühmtesten Stimmen des Nahen Ostens. Er ist der Sohn libanesischer Drusen und wuchs in Kuwait, im Libanon und in England auf. Nach seinem Studium war er zunächst als Ingenieur tätig, bevor er Maler und...

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Auszeichnungen