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Frédéric Chaubin. Cosmic Communist Constructions Photographed

Ideologische Träume: Das vierte Zeitalter der Sowjetarchitektur Die in diesem Band von dem Fotografen Frédéric Chaubin präsentierten 90 Bauwerke aus 14 früheren Sowjetrepubliken bringen etwas zum Ausdruck, das er als das vierte Zeitalter der Sowjetarchitektur bezeichnet. Seine poetischen Bilder offenbaren eine unerwartete Wiedergeburt der Imagination, eine unbekannte Blütezeit, die sich zwischen 1970 und 1990 ereignete. Und ihre Vielfalt kündet vom Ende der Sowjetunion.

Verlag TASCHEN Deutschland GmbH
ISBN 9783836525190
2020

Nachauflage . Erscheinungsdatum: 12.01.2020 . 312 Seiten. 34 x 26 cm . Hardcover .

Hardcover

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Über den Artikel

Eine historische Lücke schließt sich: Das vierte Zeitalter der Sowjetarchitektur

Die in diesem Band von dem Fotografen Frédéric Chaubin präsentierten 90 Bauwerke aus 14 früheren Sowjetrepubliken bringen etwas zum Ausdruck, das er als das vierte Zeitalter der Sowjetarchitektur bezeichnet. Seine poetischen Bilder offenbaren eine unerwartete Wiedergeburt der Imagination, eine unbekannte Blütezeit, die sich zwischen 1970 und 1990 ereignete. Anders als in den 1920er- oder 1930er-Jahren tritt hier indes keine »Schule« oder Hauptströmung hervor. Vielmehr stehen diese Bauten für den chaotischen Impuls durch ein im Niedergang begriffenes System. Und ihre Vielfalt kündet vom Ende der Sowjetunion.

Von der kollabierenden monolithischen Struktur und zunehmend größeren Freiräumen profitierend, wandten sich die Architekten nochmals sämtlichen Perioden und Stilrichtungen zu, indem sie bis zu den Wurzeln zurückgingen oder freie Innovationen schufen. Die Kühnsten von ihnen vollendeten Projekte, von denen die Konstruktivisten nur träumen konnten (Sanatorium, Druschba), andere verliehen ihrer Fantasie auf expressionistische Weise Ausdruck (Hochzeitspalast, Tiflis). Ein Sommercamp, inspiriert durch Skizzen einer modellhaften Mondbasis, zeugt von deren suprematistischem Einfluss (Promethee). Dem folgt die in den letzten Jahren der Sowjetunion weit verbreitete sprechende Architektur: ein mit Betonflammen verziertes Krematorium (Krematorium, Kiev), ein technologisches Institut mit auf das Dach abgestürzter Fliegender Untertasse (Institut, Kiev), ein Politikzentrum, das einen wie Big Brother beobachtet (Haus der Sowjets, Kaliningrad). Dieses Stilmosaik zeugt von all den ideologischen Träumen jener Zeit, von der Obsession durch den Kosmos bis zur Wiedergeburt der Privatheit. Und es skizziert die Geografie der UdSSR, indem es zeigt, wie lokale Einflüsse manch exotische Wendung nahmen, bevor sie das Ende herbeiführten.

Frédéric Chaubin ist seit 15 Jahren Chefredakteur des französischen Lifestyle-Magazins Citizen K. Seit 2000 publiziert er fotografische Arbeiten, für die er Texte und Bilder zusammenstellt. Das Projekt CCCP recherchierte er auf vielen Reisen zwischen 2003 und 2010, bei denen er die sowjetische Architektur mit der ihm eigenen intuitiven Logik erforschte.  Das Projekt wurde weltweit in zahlreichen Ausstellungen zwischen Japan und der USA gezeigt.

Ausstellung: »Frédéric Chaubin. CCCP - Cosmic Communist Constructions Photographed«. Im ZKM - Zentrum für Kunst und Medientechnologie Karlsruhe, 29. Januar - 27. März 2011.